Vielfalt gestalten: In der Beziehung zu Gott

Oliver Schippers schreibt für 3E

 

Im Garten ist Buntheit gewünscht. Doch wie steht es damit in der Gemeinde?

Vielfalt in der Landwirtschaft oder im Garten, das können wir uns nicht nur vorstellen, das wünschen wir uns auch. Dabei geht es nicht nur um viele unterschiedliche Pflanzen, die im Garten nebeneinander ihre Schönheit entfalten sollen. So mancher schätzt auch die Vielfalt einer einzigen Art und pflanzt vielfältige Rosen, unterschiedliche Tomaten oder verschiedene Kartoffeln.

Verschiedene Stile provozieren

Ganz anders geht es uns mit Vielfalt innerhalb der Gemeinde. Da empfinden wir diese oftmals als Herausforderung und lassen Unterschiedlichkeit nur in Grenzen zu. Das Gemeindeglied, das einen Bibeltext anders versteht oder den Gottesdienst auf andere Weise feiern würde, provoziert. Über Musik kann man trefflich streiten. – Aber gibt es auch verschiedene Stile, die Beziehung zu Gott zu gestalten? Wie glaube ich richtig? Was darf eine Gemeinde unterstützen und wo beginnen Irrwege? Wer sagt, wie Glaube zu gestalten ist? Was ist das richtige Maß? Was ist biblisch, evangelisch, christlich – wenn es um unsere Beziehung zu Gott geht?

Christian A. Schwarz, Autor des Buches "Die 3 Farben der Spiritualität", hat nicht zuerst unterschiedliche Menschen in der Gemeinde beobachtet um dann zu schreiben, wie sie ihre Beziehung zu Gott, ihre Spiritualität gestalten. Er geht in seiner Beschreibung primär davon aus, dass Gott das Zentrum der Beziehung steht, Gott, der sich auf eine dreifache Weise offenbart: als Schöpfer, Jesus und Geist.

Um seinen eigenen Stil wissen

Ist es dann nicht folgerichtig, dass wir Gott auf unterschiedliche Weise begegnen? Dieser dreieinige Gott im Zentrum, er ist das Maß. Und wir als Menschen antworten auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Jeder Mensch hat seine "Muttersprache" mit Gott. Dabei kann es hilfreich sein, zunächst meine "Muttersprache" zu entwickeln – meinen eigenen Stil zu entdecken und zu erleben, wie Gott zu mir redet. Sich dann mit "Fremdsprachen" auseinanderzusetzen, andere Stile als Bereicherung zu erleben und die Vielfalt, mit Gott in diese Welt spricht, schätzen zu lernen, wird ein wichtiger weiterer Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung sein.

In seinem Buch hat Christian A. Schwarz neun unterschiedliche Stile herausgearbeitet, wie Menschen den trinitarischen Gott ansprechen, beziehungsweise sich von ihm ansprechen lassen. Neun Stile, die herausfordern kirchliches Leben auf vielfältige Weise zu gestalten. In unserer Mitte leben Menschen, die wissen möchten, was wahr und richtig ist – der "rechtgläubige" Stil. Dies zu erkennen gibt diesen Menschen Kraft, hilft ihnen ihr Leben zu gestalten und mit Gott in Beziehung zu treten. Andere erhalten diese Lebenskraft, wenn sie tief in ihrem Inneren die Nähe Gottes spüren (der "asketischer" Stil). Sie suchen eher den Rückzug, entdecken Gott in der Stille, in der Meditation. Nicht so introvertiert, aber auch auf die Erfahrung Gottes ausgerichtet sind diejenigen, die sich Gott im Lobpreis näher fühlen, die durch Gefühl ihrem Glauben Ausdruck geben – "enthusiastisch" glauben. Wieder andere möchten den Glauben verstehen ("rationaler" Stil), oder wollen mit allen Sinnen erleben ("sinnlicher" Stil). Manchem ist das Übernatürliche, das Unbeschreibliche am Glauben wichtiger – der "mystische" Stil, andere erleben ihren Glauben erst in aller Tiefe, wenn sie selbst aktiv werden und ihrem Glauben Ausdruck geben ("missionarischer" Stil). Das Lesen der Bibel, das Hören auf Gottes Wort, das gibt Kraft! – Dies gilt unbestritten für Vertreter des "bibelzentrierten" Stils. Und dies sagt nicht, dass Bibel lesen für andere nicht wesentlich für ihre geistliche Entwicklung ist. Wesentlich sind aber auch Riten und Traditionen, Formen, in denen das Übernatürliche des Glaubens in diese Welt kommt. Wer hier in besonderer Weise Energie bekommt, um den Alltag zu meistern, ist im "sakramentalen" Stil zuhause.

Das Konfliktpotential der unterschiedlichen Stile fruchtbar nutzen

Es kann einem schwindlig werden, führt man sich diese Vielfalt vor Augen. Gemeindeglieder können durchaus sich widersprechende Überzeugungen haben. Dass Menschen mit Gott auf vielfältige Weise in Beziehung treten, birgt für Gemeinden ein hohes Konfliktpotenzial, das aber auch fruchtbar für die Entwicklung der Einzelnen und der Gemeinde genutzt werden kann.

Was geschieht, wenn Menschen über ihren persönlichen Zugang zu Gott mit anderen ins Gespräch kommen? Inspiriert von diesen Gedanken initiierte ich in Gemeinden verschiedener Prägung einen Impulstag "Spiritualität". An diesen Tagen kamen 30-120 Menschen miteinander über ihren Glauben ins Gespräch, berichteten einander, was ihnen wichtig ist, wie sie ihre Beziehung mit Gott leben, aber auch was ihnen fehlt und wie die Gemeinde sie in ihrer Beziehung zu Gott unterstützt. Nach diesen Dialogtagen wiederholte sich immer wieder eine Rückmeldung: "So intensiv haben wir noch nie über unseren Glauben gesprochen und so positiv noch nie die Vielfalt erlebt". Dabei war es nicht von Belang, ob dieser Dialog auf der Ebene einer Kirchengemeinde stattfand oder es sich um ein ökumenisches Zusammentreffen mehrerer Gemeinden handelte.

Wenn Vielfalt im Gemeindekontext am wesentlichsten Punkt – der Beziehung zu Gott – gestaltet werden soll, dann müssen Gemeinden sich auf diese Wechselseitigkeit einlassen, einen lebensfördernden Umgang mit vordergründig widersprüchlichen Sichtweisen und Meinungen. Es braucht zunächst einen geschützten Rahmen, in dem der Dialog über Verschiedenartigkeit, die Beziehung zu Gott zu leben, geführt wird. Genau dies wird uns sprachfähig gegenüber Menschen werden lassen, die Gott außerhalb unserer Kirchengemeinden erfahren.

Weiterführende Literatur:

- Thomas Bornhauser: "Gott für Erwachsene"
- Gary L. Thomas: "Neun Wege, Gott zu lieben"
- Christian A. Schwarz: "Die 3 Farben der Spiritualität"


 

 

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