Wann ist NGE zur "Kultur" geworden?
Diese Frage stand im Mittelpunkt des
Protagonistentreffens, zu dem vom Institut für Natürliche
Gemeindeentwicklung und dem Verein für NGE eingeladen wurde.
Trotz Bahnstreiks sind aus ganz
Deutschland 10 Personen angereist, die als Gemeindeleiter oder Beratende
in verschiedenen Denominationen tätig sind und über
Erfahrungen mit NGE
verfügen.
Oliver Schippers brachte das erste
Statement ein. Unter der Fragestellung "Wann ist NGE zur Kultur einer
Denomination geworden?" führte er in die Werte von NGE
ein.
Er erlebt immer
wieder, dass NGE als Werkzeugkasten gesehen wird, das
verschiedene Werkzeuge zur Verfügung stellt, die von Einzelnen und
Gemeinden ausprobiert werden. Nach Erfahrungen gefragt, hört man
oft "Wir haben auch mal NGE gemacht, aber jetzt ist gerade etwas anderes
dran." Auf diese Weise wird NGE eingereiht in die vielfältigen Methoden
von Gemeindeentwicklung und Beratung. Es erscheint als eine von vielen
Möglichkeiten. Natürlich ist es das auch. Im Zuge einer
Gemeindeentwicklung kann man auch andere Methoden und Instrumente
anwenden, die nicht zum Portfolio von NGE
gehören. Der Kernpunkt von Natürlicher
Gemeindeentwicklung kommt damit jedoch nicht zur vollen Entfaltung. NGE
ist mehr als ein Werkzeugkasten, es ist eine neue Denkweise, ein neues
Paradigma, wie Entwicklung und Wachstum von Christen und Gemeinden
verstanden werden. Der Unterschied kann gut anschaulich gemacht
werden. Keiner von uns erwartet, dass allein das Benutzen eines
Thermometers, einen neuen gesunden Lebensstil hervorbringt. Um einen
gesunden Lebensstil zu entwickeln, bedarf es neuer Gewohnheiten und
Denkmuster, hinter denen bestimmte Werte stehen, nach denen die
Ausrichtung erfolgt. Dies ist ein Prozess, der regelmäßig und nachhaltig
verfolgt werden will, um sichtbare Veränderungen
hervorzubringen.
Welche Werte sind grundlegend für
Natürliche Gemeindeentwicklung?
1. Kreativität NGE geht davon aus,
dass Gott alle Menschen mit Kreativität ausgestattet hat. Jeder Mensch und
jede Gemeinde können und sollen eigene Lösungen finden und einen eigenen
Stil entwickeln. NGE gibt keine Modelle vor, sondern zeigt universell
gültige Prinzipien auf, die individuell angewendet und umgesetzt werden
können.
2. Vielfalt Die
Vielfalt unterschiedlicher Ansätze (Denominationen, Methoden, Kulturen)
ist jeder Art von Uniformität überlegen. Während systemisch gesehen durch
NGE Komplexität reduziert wird, um Prozesse gestalten zu können, wird die
Vielfalt ausdrücklich
begrüßt.
3. Qualität Das
Fördern des Wachstums, zuerst von Einzelnen und dann auch von Gemeinden,
geschieht auf qualitativer Ebene. Alle Aktivitäten sind darauf
ausgerichtet, "in die Tiefe" zu wachsen und die Qualität christlichen
Lebens zu verbessern. Zahlenmäßiges Wachstum ist nur eine Frucht und wird
nicht direkt
angesteuert.
4. Prozess Es
hat sich gezeigt, dass nur ein anhaltender, langfristiger Prozess zu einem
gesunden Wachstum führt. Selbst der kleinste Schritt ist ein Fortschritt,
wenn er in die richtige Richtung getan wird. Es reicht nicht, wenn man
"mal einen Test, bzw. ein Profil" gemacht hat. Es geht darum, in die Tiefe
zu gehen und an das Wurzelwachstum zu
fördern.
5. Balance Auf
allen Ebenen des persönlichen und gemeindlichen Lebens geht es darum, eine
Balance zwischen verschiedenen Stilen und Ansätzen zu erreichen. Das klare Zentrum ist Gott. Auf IHN hin richten sich die
Entwicklungswege aus, auf denen sich jeder aus einer anderen Richtung dem
Zentrum nähert. NGE ist ein integrativer Ansatz. Ein Verstehen und Leben
dieses Wertes kann helfen, Konflikte zu verstehen und zu
bearbeiten.
6. Fokus In
Anbetracht der vielen Dinge, die getan werden müssen, ist es wichtig, sich
auf den einen Punkt zu konzentrieren, der das größte Potential für
geistlichen Fortschritt hat. Dies ist nicht immer der sogenannte
Minimumfaktor, wie z.B. beim Gemeindeprofil. Beim Thema
"Gabenorientierung" liegt der Fokus auf dem am stärksten entwickelten
Bereich und im Rahmen von "Spiritualität" liegt der Fokus auf Balance.
Diese Werte liegen der Natürlichen
Gemeindeentwicklung zu Grunde. Es sind Haltungen, die unser Verhalten in
Bezug auf Entwicklungsprozesse prägen wollen. Hierin liegt die Chance,
aber auch die Herausforderung von NGE, vor allem, wenn für eine
Denomination andere oder gegensätzliche Werte wichtig sind.
Die Frage, wann NGE zur Kultur einer
Denomination geworden ist, lässt sich also noch nicht daran ablesen, ob
die Werkzeuge und Analyseinstrumente eingesetzt wurden oder werden. Es ist
die Haltung und Denkweise derer, die sich für Gemeindeentwicklung
einsetzen, die dafür entscheidend ist.
"Bei
uns wird NGE zur Kultur!" Ralf Miro berichtet, wie Vineyard den Prozess
angeht
Das zweite
Statement zu diesem Themenbereich brachte Ralf Miro ein, der
Gemeindeleiter der Vineyard-Gemeinde in Hamburg-Bergedorf ist.
Die Vineyard Leitungsebene befürwortet NGE und möchte es für die
Qualitätsentwicklung in der gesamten Bewegung einsetzen möchte. Es wird
angestrebt, dass alle Gemeinden nachhaltig in den NGE-Kreislauf
eingebunden sind. Derzeit liegt die Quote bei unter 50%. Für den
Leitungskreis stellte sich die Frage: Wie können wir die Gemeinden
stärken, die sich bereits in einem NGE-Prozess befinden und wie können wir
neue Vineyard-Gemeinden für den Prozess gewinnen? Die Idee zur
Einrichtung von "NGE-Hotspots" wurde
geboren.
Was ist ein "NGE-Hotspot"?
Man könnte
es als eine Art "NGE-Selbsthilfegruppe" bezeichnen, die grundsätzlich ohne
einen NGE-Fachberater, bzw. Experten auskommen kann. Vineyard hat zwar
strategisch in die Ausbildung von NGE-Beratenden investiert, dennoch
reicht die Zahl nicht aus, um alle Gemeinden zu begleiten. Das Treffen,
das 3-4 mal jährlich stattfindet, setzt sich aus kleinen Teams (2-3
Personen) zusammen, die aus zwei bis vier Gemeinden kommen und bereits mit
NGE arbeiten. Es wurde ein Konzept für den jeweils gleichbleibenden
Ablauf entworfen. Die Basis für den Austausch bildet der NGE-Kreislauf.
Jeder kann sich darin verorten und auf dieser Grundlage vom derzeitigen
Entwicklungsstand berichten. Er umfasst die folgenden 7 Phasen: 1.
Wahrnehmen (welche Stärken, Schwächen, Chancen?) 2. Testen (Profil
erheben) 3. Verstehen (verinnerlichen, Fokusgruppen bilden) 4.
Planen (Maßnahme entsprechend der Wachstumskräfte ergreifen) 5. Tun
(zentrale Themen in geplanten Schritten bearbeiten) 6. Erfahren (welche
Fortschritte wurden gemacht?) 7. Wahrnehmen (wie kann Nachhaltigkeit
erreicht werden? - Feiern,
ermutigen)
Was
braucht es zur Einrichtung der NGE-Hotspots?
Grundsätzliche sollen die Treffen ohne externe Begleitung
durchführbar sein. Um eine Starthilfe zu geben und erste Erfahrungen
reflektieren zu können, wurde ein Motivator beauftragt. Er sucht den
Kontakt zu den Community- und Netzwerkleitenden, macht Besuche, um
Beziehungen aufzubauen und Bedürfnisse zu klären. Eingerichtet wird
außerdem eine "Hotline", falls wichtige Fragen im Rahmen eines Treffens
offen bleiben. Ebenfalls ist vorgesehen, dass bei Bedarf natürlich auch
Berater eingeladen werden können.
Zeitliche
Dauer eines NGE-Hotspot
Konkret
ist je Treffen ein Zeitrahmen von ca. 3 Stunden veranschlagt.
Insgesamt ist vorgesehen, dass die gebildete Gruppe ca. 1-2 Jahre
zusammenbleibt und danach ein Wechsel möglich ist, gemäß der Vereinbarung,
die zu Beginn gemeinsam getroffen
wurde.
Erwünschte Wirkungen
Durch die
Hotspot-Treffen soll die Nachhaltigkeit der Entwicklungsprozesse in den
Gemeinde unterstützt werden. Prozesse "versacken" nicht so leicht, wenn
man Anlass hat, regelmäßig in freundlicher Atmosphäre über sie zu
berichten. Zum Konzept gehört es auch, dass Gäste aus Gemeinden
teilnehmen können, die noch keine Erfahrungen mit NGE haben. Sie können an
konkreten Beispielen erleben, wie die Arbeit mit NGE gestaltet werden kann
und finden auf unkomplizierte Weise Ansprechpartner zum Austausch für eine
eigene Praxis.
Die
Teilnehmenden des Protagonistentreffens faszinierte an diesem Statement,
was möglich ist, wenn eine Leitungsebene hinter NGE steht und sind
gespannt auf den weiteren Verlauf dieses Projektes.
Der Verein
plant, weiterhin in Zusammenarbeit mit dem Institut solche
Protagonistentreffen zu veranstalten. Unser Ziel: Vernetzung, Information
über aktuelle Entwicklungen, Austausch und Verbreitung der Prinzipien,
die grundlegend für eine Natürlichen Gemeindeentwicklung
sind.
|